Kreativität, Vielfalt und viel Geduld

Dass die Aufzucht eines Bonsais – japanisch bon für Schale und sai für Pflanze – oft als Kunst bezeichnet wird, ist kaum verwunderlich. Dazu muss man sich nur die liebevoll und bis ins kleinste Detail gestalteten Mini-Bäume anschauen, die über Jahre und Jahrzehnte herangezogen, sorgsam gestutzt und verdrahtet werden, damit sie eine Gestalt erlangen, die – zumindest zu Beginn – oft nur in der Vorstellung des Gestalters existiert.

Niemand weiß das besser als die Bonsaifreunde Greiz, die sich im Jahr 2000 zusammengefunden. Jeder Baum erzählt eine Geschichte

Es sind viele Dinge, die das Bonsai-Hobby so spannend machen. Das beginnt schon bei den Baumarten, die in einer „unglaublichen Vielfalt“ daherkommen, wie der Vorsitzende der Bonsaifreunde, Bernd Baldrich, sagt. Doch die Vielfalt erstreckt sich auch auf die Gestaltungsmöglichkeiten, also die Form, die der kleine Baum einmal zeigen soll. Ein windgepeitschter Baum, der an einer Küste stehen könnte? Doppel- oder Mehrfachstamm? Eine streng aufrechte Form? Oder die beliebte Kaskade, ob halb oder voll? Alles das ist möglich, um im Kleinen die Natur nachzugestalten.

Die Regeln, die es natürlich gibt, seien „kein Dogma“, wie Mitglied Rolf Falke sagt, vielmehr ästhetische Gesichtspunkte, wie etwa der Goldene Schnitt. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.“

Ziel sei es immer, die Natur nachzugestalten, wenn auch nicht zu kopieren. Schließlich erzähle jeder Baum beispielsweise in den Alpen eine Geschichte, warum zum Beispiel Äste abbrachen, wo er stand oder auch, wenn er einmal umknickte. Oft sind es jene Details, die dann beim Bonsai herausgearbeitet werden. „Umso besser das gelingt, umso mehr Charakter hat der Baum“, sagt Baldrich und Falke ergänzt: „Ein guter Bonsai zeichnet sich dadurch aus, dass man nicht sieht, dass daran gearbeitet wurde.“

Und natürlich braucht es Geduld. „Die Arbeit an einem Bonsai ist eigentlich nie fertig“, sagt Baldrich und die Geschichte der Bonsaikunst gibt ihm Recht. Denn früher wurden Bäume an die nächsten Generationen weitergegeben, schließlich entwickeln sie oft erst nach Jahrzehnten ihre volle Gestalt – wie eben in der Natur. Heute sei das meistens aber nur noch in den klassischen japanischen Anbaugebieten der Fall. Doch genau diese Geduld und Ruhe suchen die Bonsaifreunde auch. Es sei ein schöner Ausgleich zum hektischen Alltag.

Dass die Bonsaifreunde, die vor allem aus dem Umland von Greiz bis Auma, Auerbach und Pausa kommen, das Hobby schon seit Jahren erfolgreich betreiben, zeigt nicht zuletzt die Ausstellungsbilanz der Mitglieder, die einzeln oder gemeinsam bei Schauen wie 100 Jahre Bonsai in Deutschland (2007), der Landesgartenschau in Reichenbach (2009), der Shohin-Ausstellung in Enger (2009) oder auch der Trophy 2020, der vielleicht wichtigsten Bonsai-Schau in Europa, ihre Bäume zeigten. Bei Bundesgartenschau dabei

Und nicht zuletzt bewies es die Bundesgartenschau in Erfurt, wo der Verein über rund zweieinhalb Wochen mit viel Aufwand präsent war und zwei große Goldmedaillen der Buga-Gesellschaft gewinnen konnte – ein großer Erfolg für die Bonsaifreunde – und insgesamt sogar 44 Medaillen.

Gerne will man das Hobby weitergeben und hofft deswegen, dass sich vielleicht noch einige Menschen finden, die sich auch für die Mini-Bäume interessieren. „Sie sind immer willkommen“, sagt Baldrich.

Infos im Internet unter www.greizer-bonsaifreunde.de oder bei Facebook nach „Greizer Bonsaifreunde“ suchen.

100-jähriger Mini-Baum

Greiz Einer der ältesten Bäume der Bonsaifreunde steht im Garten von Rolf Falke. Die Waldkiefer (Pinus sylvestris) wurde 2006 mit Genehmigung der Behörden in den Schweizer Alpen ausgegraben, gesammelt und von Falke in die Form einer Halbkaskade gebracht. Das bedeutet, dass die Zweige und Blätter zu einer Seite hin abfallen, aber nicht unterhalb des Schalenbodens – das wäre eine Vollkaskade.

Ganz genau könne man das Alter des Baumes natürlich nicht bestimmen, weswegen 1911, quasi das Geburtsjahr, nur eine Schätzung ist. Aber eine wohl ziemlich genaue, denn um das Alter zu erfahren, zählten Falke und die Greizer Bonsaifreunde die Ringe des Baumes, die zumindest eine ungefähre Schätzung zulassen.

Preisgeld für neue Mitgliedershirts

Wenn die Bonsaifreunde Greiz das Preisgeld des Wettbewerbs „Verein des Jahres“ gewinnen, dann wollen sie es in erster Linie in neue Vereinskleidung, vor allem neue T-Shirts, investieren. Da in den vergangenen Monaten und Jahren einige neue Mitglieder dazugekommen sind, seien diese dringend nötig, sagt der Vorsitzende der Bonsaifreunde, Bernd Baldrich.

Zudem wolle man daraus gerne zumindest einen Teil des nächsten Sommer- und Weihnachtsfestes bezahlen, die pandemiebedingt ausfallen mussten und die man endlich nachholen möchte.

Wenn dann noch etwas übrig bleibe, dann will man auch einen kleinen Teil dafür verwenden, um zum Beispiel Besuche von anderen Ausstellungen zu finanzieren, die die Bonsaifreunde regelmäßig unternehmen, um im Kontakt mit anderen Freunden des Hobbys zu bleiben, sich Anregungen zu holen oder einfach nur, um sich mit anderen Interessierten auszutauschen.

Aber selbst wenn es mit dem ersten Platz nicht klappt, sind die Bonsaifreunde schon über den Beitrag glücklich, den alle teilnehmenden Vereine erhalten. „Für einen kleinen Verein wie unseren ist das auch schon eine Menge Geld“, sagt Bernd Baldrich.

Quelle: OTZ vom 09.10.2021 Tobias Schubert